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31. März 2021

Handelsverband schlägt Einkaufsgutscheine für die Bürger vor

Was hinter der Idee „Einkaufsgutscheine für die Bürger“ steckt, warum Tübingen mit den Tagestickets als Pionierstadt fungiert und ob sich das Saarland mit den angestrebten Lockerungen nach Ostern „zu weit aus dem Fenster lehnt“ – Stefan Genth bezieht als Hauptgeschäftsführer beim Handelsverband Deutschland – HDE e.V. Stellung.

Herr Genth, was genau hat es mit der Idee „Einkaufsgutscheine für die Bürger“ auf sich?

Stefan Genth: Die Ausgabe von Konsumgutscheinen ist eine Idee, die wir bereits vor einem Jahr während des ersten Lockdowns geäußert haben. Wenn jeder Bürger vom Staat einen Coronascheck in Höhe von 500 Euro erhält, ergibt sich ein Nachfrageimpuls von bis zu 40 Milliarden Euro. Auch wenn es zum jetzigen Zeitpunkt nicht an Kaufkraft fehlt, so kann die Ausgabe von Coronaschecks nach der akuten Coronakrise ein deutliches Signal für die Rückkehr zur Normalität setzen. Aktuell muss es aber erst einmal darum gehen, die Pandemie in den Griff zu bekommen und so die Grundlage für eine wirtschaftliche Erholung sowie eine zuverlässige und dauerhafte Öffnung der Geschäfte zu legen.

Tübingen gilt mit dem sogenannten Tagesticket als Pionierstadt. Wie ordnen Sie das ein?

Stefan Genth: Es ist gut, dass es ausprobiert wird, wie man auch ohne den pauschalen Holzhammer-Lockdown mit der Pandemie umgehen kann. Wenn man das Tübinger Modell bundesweit anwenden möchte, ergeben sich aber weitere Fragen. Zum einen müssen auch erst einmal die Tests in ausreichender Zahl und zeitnah zur Verfügung stehen. Zum andern muss klar sein, wie die Echtheit der Tests beim Einkaufen kontrolliert werden soll. Das Personal im Einzelhandel wäre damit sicherlich überfordert. Und auch die Erwartungen an die Umsätze sind eher vorsichtig. Denn angesichts des Aufwands werden die Kunden nicht in der vor der Krise gewohnten Zahl in die Geschäfte kommen. Viele Nicht-Lebensmittelhändler bleiben also von den staatlichen Nothilfen abhängig.

Das Saarland plant nach Ostern mit weitreichenden Lockerungen –  lehnt man sich hier zu weit aus dem Fenster?

Stefan Genth: Es ist im Interesse jedes Einzelnen, dass wir die Pandemie best- und schnellstmöglich unter Kontrolle bekommen. Das schaffen wir nur gemeinsam und mit koordinierten, zielgerichteten und konsequenten Maßnahmen. Auch dem Handel bringt ein ständiges Hin und Her zwischen Öffnung und Schließung nichts. Mit Hygienekonzepten und in der Versorgung mit Masken und Tests leistet der Handel bereits seinen Beitrag. Jetzt ist es an Bund und Ländern, zusammen eine einheitliche und wirksame Strategie zu finden, die eine klare Perspektive bietet und uns in der Bekämpfung der Pandemie nicht zurückwirft.

Wie ist Ihre Prognose für den Handel? Eine Pandemie erfordert in gewisser Weise natürlich eine Strategie auf Sicht, jedoch wirken die Beschlüsse nicht immer glücklich – was ist aus Ihrer Sicht jetzt wichtig, auch im Sinne des Handels?

Stefan Genth: Pandemiebedingt ist die Existenznot im Einzelhandel extrem groß. Bis zu 120.000 Geschäfte könnten infolge der monatelangen Lockdown-Maßnahmen schließen. Ihre Zukunftsperspektive hängt am weiteren Verlauf der Pandemie und an den Maßnahmen von Bund und Ländern. Daher sind sie weiterhin vor allem auf schnelle staatliche Unterstützung angewiesen. Wirtschafts- und Finanzministerium müssen den versprochenen Ausbau der Corona-Hilfen jetzt umsetzen. Andernfalls erkennen wir unsere Städte in ein paar Monaten nicht wieder. Deshalb ist die Politik jetzt aufgefordert, zielgerichtet und schnell zu handeln.

(Foto: HDE/Hoffotografen)


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