Nachrichten rund um die Initiative

22. Februar 2021

„Findeling“ gibt Einblicke in die aktuellen Herausforderungen und das Leiden lokaler Läden

Katharina Walter ist Mitgründerin von Findeling, einem digitalen Shopping-Guide für lokale Läden. Die App wurde 2015 ins Leben gerufen und trifft einen Nerv in der Gesellschaft unter dem Motto: Öfter mal im Geschäft um die Ecke shoppen, anstatt Massenware bei großen Ketten zu kaufen. Im Interview spricht Katharina Walter über die aktuellen Herausforderungen – denn shoppen um die Ecke ist aufgrund des Lockdowns aktuell nicht möglich. 

Wie lautet Ihre Einschätzung zu den sich ständig ändernden Lockdown-Regelungen – wie ist es dabei um Ihre Planbarkeit als Unternehmerin bestellt? 

Katharina Walter: Natürlich ist für uns alle das Thema „COVID-19“ sehr ermüdend und durchaus aufreibend – aber besonders die Selbstständigen in der Kulturszene, der Gastronomie, dem Tourismus und natürlich im Einzelhandel (ausgenommen dem Lebensmitteleinzelhandel) stehen vor den größten Herausforderungen. Mir blutet ganz besonders das Herz dabei verfolgen zu müssen, wenn die Zahlungen versprochener finanzieller Hilfen ausbleiben.

Als selbstständige Person, die sich entschieden hat ihr Berufsleben aktiv und sogar proaktiv in der Hand zu haben, fühlt man sich wahrscheinlich gerade hilflos und sogar ein wenig machtlos. Die zähen Lockdown-Regelungen mit sich verändernden Zielvorgaben sind dabei noch ein zusätzlicher Frustpunkt und erschweren es, die richtigen Entscheidungen („Kurzarbeit: ja/nein?“ oder „Lohnt sich ein Online-Shop?“) treffen zu können.

Trotzdem bin ich sehr zuversichtlich, dass es all diejenigen, die den Kopf nicht in den Sand stecken und kreativ werden, durch die Krise schaffen werden – und einige sogar langfristig von neuen Ideen und Konzepten profitieren können.

Katharina Walter und Florian Schneider sind die Founder von „Findeling“.

Welche Erkenntnisse haben Sie durch Corona bis dato in Ihrem Projekt „Findeling“ gewonnen? Und was leiten Sie daraus ab? 64% haben – gerade während Corona – digitale Angebote bevorzugt und wollen auch nach Corona nicht auf diese Tools verzichten – das geht aus der Forsa-Studie hervor, bei der 1.001 Personen zwischen 20 und 54 Jahren befragt wurden.

Katharina Walter: Tatsächlich hat Corona der Digitalisierung ja durchaus auf die Sprünge geholfen: Wir konnten einen Anstieg von etwa 40% auf knapp 60% verzeichnen, was die Quote an Geschäften angeht, die einen Online-Shop bei uns hinterlegen. Ich gehe stark davon aus, dass ein Großteil der Ladeninhaber auch nach dem Lockdown einen weiteren Kanal nutzen werden, um Kunden auf sich aufmerksam zu machen und ihren Umsatz nachhaltig zu steigern. Möglicherweise war das daher für viele nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine Chance das eigene Geschäfts- und Kundenfeld zu erweitern.

Die Digitalisierung ist für viele KMU von zentraler Bedeutung. Die Verlegergemeinschaft Das Telefonbuch bietet KMU zusätzliche Hilfestellungen an. Wie lautet Ihre Einschätzung dazu?

Katharina Walter: Ich bin mir sicher, dass Unternehmen aktuell jede Unterstützung von Experten sehr wertschätzen: Viele müssen in ganz neuen Feldern tätig werden, von denen ihnen bisher möglicherweise das Know-How fehlte. In diesem Sinne kann es eine enorme Erleichterung für Ladeninhaber*innen – teilweise an ihrer Belastungsgrenze angekommen – sein, von Tipps und Erfahrungsberichten zu profitieren. In unserer Facebookgruppe für „Ladeninhaber im lokalen Einzelhandel“ ist es wirklich berührend zu sehen, wie viel Solidarität unter Ladeninhaber*innen herrscht – und auch, wie wichtig und richtig Informationsaustausch und Zusammenhalt besonders jetzt sind.

Wie nehmen Sie allgemein die Situation in Ihrem unmittelbaren Umfeld wahr? Wo muss man jetzt dringend ansetzen, um einen Aufschwung im Einzelhandel einzuleiten?

Katharina Walter: Die Gemütslage sowie die finanzielle Situation der Ladeninhaber scheint sehr stark zu variieren: Die einen haben sich sehr gut über Wasser halten können und profitieren jetzt davon, Innovationsgeist zu zeigen und eine sehr gute Kundenbindung aufgebaut zu haben. Ob dank Konzepten wie „Click/Call & Collect“, kreativen Schaufensterwerbungen oder einem eigenen Online-Shop in Verbindung mit Rabatt- & Werbeaktionen. Auf der anderen Seite nehmen wir auch viele Ladeninhaber*innen wahr, denen es eventuell schon vor Corona nicht sehr gut ging und die nun beschlossen haben, ihr Geschäft zu schließen. Besonders die Eltern mit jungen Kindern unter den Ladeninhaber*innen müssen oft mehr stemmen, als man ihnen zumuten sollte.

Für mich sollte besonders nach dem Lockdown die Wichtigkeit und Wertschätzung der vielen Einzelhändler in unseren Straßen wieder hergestellt und die Angst vor als „gefährlich“ deklarierten Orten wie Restaurants, Bars und Läden genommen werden. Wenn das in den Köpfen der Menschen verankert ist, gehe ich von einem starken Umsatzplus nach dem Lockdown aus – und einer noch stärkeren „Support Your Locals“ Mentalität.


Über uns:
Die Initiative für Gewerbevielfalt setzt sich für den lokalen Einzelhandel und inhabergeführte Kleingewerbe in Deutschlands Städten und Gemeinden ein.
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