Nachrichten rund um die Initiative

16. Februar 2021

„Explosion des Online-Handels und Implosion des stationären Geschäfts“

Prof. Dr. Heinemann ist Leiter des eWeb Research Center und Professor für Handel an der Hochschule Niederrhein. Als Experte unserer Initiative für Gewerbevielfalt powered by Das Telefonbuch erklärt er im Interview, wie er die aktuellen Lockdown-Regelungen einordnet, warum Friseure Privilegien erhalten und gibt einen Ausblick auf kommende Handels-Herausforderungen.

Herr Prof. Dr. Heinemann, wie beurteilen Sie die neuen Lockdown-Regelungen aus Sicht des (Einzel-) Handels, Stichwort 7-Tage Inzidenz von 35?

Prof. Dr. Heinemann: Die neue Lockdown-Regelung ist für den innerstädtischen Einzelhandel eine Katastrophe. Der 7-Tage Inzidenz führt quasi zu einem wöchentlichen Langhangeln, was Planungen und Unternehmensentscheidungen den letzten Atem nimmt. Der Wert kann dazu führen, dass die Geschäfte bis zum Sommer geschlossen bleiben. Diese Regelung ist nur vertretbar, wenn es nachgebesserte Überbrückungshilfen mit sofortigen Abschlagszahlungen gibt. Dass bei der Ü 2 noch Zahlungen aus November offenstehen, ist schlicht und ergreifend ein Skandal.

Prof. Dr. Heinemann ist Leiter des eWeb Research Center und Professor für Handel an der Hochschule Niederrhein

Warum dürfen ausgerechnet „Friseure“ wieder öffnen, während andere Branchen weiter geschlossen haben?

Prof. Dr. Heinemann: Die Frisur steht bei den Wählern offensichtlich an erster Stelle. Anders ist das nicht erklärbar. Aus Interviews mit verantwortlichen Politikern war herauszuhören, dass man wenigstens ein positives Zeichen für Kleinunternehmer setzen wollte, von denen es bei den Friseuren offensichtlich einige gibt. Offensichtlich eine rein politische Entscheidung, die mit Vernunft und Gesundheit nichts zu tun hat.

Ein kurzer Ausblick zum Schluss, wenn der Lockdown wieder entschärft wird: In welchen Bereichen schlummern dann die größten Gefahren und Herausforderungen für den Handel, wie könnten sich diese aus Ihrer Sicht am besten lösen lassen?

Prof. Dr. Heinemann: Wie schon die Lockerung im Mai letzten Jahres zeigte, wird die Frequenz nicht mehr massenhaft in die Innenstädte zurückkehren. Das bedeutet weitere Umsatzverluste auf der Fläche. Das Wiedereinsetzen der Insolvenzantragspflicht wird die meisten der lokalen Händler zur Aufgabe zwingen. Die Händler, die das überleben, müssen in einen „Transformations-Battle“ gehen – also Explosion des Online-Geschäfts auf der einen Seite und Implosion des stationären Geschäfts auf der anderen Seite. Radikales Downsizing und Sanierung wird den stationären Handel in dieser Dekade prägen. Engpassbeseitigung und Kapazitätsaufbau dagegen den Online-Handel.

 


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