Nachrichten rund um die Initiative

5. September 2019

Unser Experte Prof. Dr. Andreas Hesse meint: „Digital-lokaler Einzelhandel ist die Zukunft“

Sowohl Konsumentenverhalten als auch Handelsstrukturen durchlaufen zur Zeit einen tiefgreifenden Wandel. Gewerbetreibende, Lokalpolitiker und Marketingverantwortliche ringen darum, wie der lokal-stationäre inhabergeführte Einzelhandel dem Wandel begegnen und die Digitalisierung für sich nutzen kann. Einer, der hier die richtigen Lösungsansätze kennt, ist Prof. Dr. Andreas Hesse, Ex-Manager und Professor für Allgemeine BWL & Marketing an der Hochschule Koblenz und seit 2019 einer der Experten unserer Initiative für Gewerbevielfalt.

Herr Hesse, warum ist die Nutzung digitaler Möglichkeiten Ihrer Meinung nach überlebensnotwendig?

„Händler sollten auf allen von Kunden präferierten Kanälen die jeweils für die Kunden relevanten Bedürfnisse langfristig besser befriedigen als es andere tun.“ (Prof. Dr. Andreas Hesse, Ex-Manager und Professor für Allgemeine BWL & Marketing an der Hochschule Koblenz)

Andreas Hesse: Weil diejenigen lokal-stationären Einzelhändler überleben werden, die zu digital-lokalen Einzelhändlern werden. Das heißt diejenigen, die dem Kunden erlebbare und relevante Mehrwerte durch digitale Anwendungen bieten und mit den traditionellen Stärken im Vor-Ort-Geschäft integrieren. Digitale und physische Charakteristika komplementieren sich dabei, ohne sich zu konkurrieren. Es geht darum, dass lokale stationäre Einzelhändler überprüfen und entscheiden, Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln, um den digitalen Kunden von heute und morgen an jedem Kontaktpunkt seiner Wahl abzuholen, das heißt effektiv anzusprechen und zu begeistern. Einzelhändler sollten sich von der Frage verabschieden, ob sie im Laden oder im Internet präsent sind, vielmehr müssen sie verstehen, wie sie heute Kunden begeistern können, die selbst entscheiden, welche Produkte sie zu welchem Zeitpunkt in welchem Kanal kennenlernen, kaufen oder zurückgeben wollen. Und dies ohne E-Commerce zu kopieren, sondern auf smartem integrativem Weg, im Sinne einer hybriden Handelsstrategie.

Welche Faktoren braucht man, um ein Geschäft erfolgreich zu betreiben?

Andreas Hesse: Noch viel wichtiger als die Frage der Online-Präsenz ist eine herausragende Beratung und erstklassiger Service mit menschlichem Kontakt im Geschäft. Die Stärken der Kundenbetreuung vor Ort sind und bleiben ein wichtiger Einfluss auf die Entscheidung der Verbraucher, wann sie welche Einkaufsmöglichkeiten nutzen. Die Fokussierung auf Kundenbedürfnisse, erlebbare Produkte und perfekte Einkaufsatmosphäre sind Basiskomponenten der lokal-stationären Kanalexzellenz. Wenn lokal-stationäre Händler einen solchen Service vor Ort bieten, bleibt (nur noch) ein Teil an Abwicklungs- und Wiederholungskäufen bedroht durch Onlinekonkurrenten. Aber auch dieser Konkurrenz kann durch einen eigenen (prozessoptimierten) Onlineshop und lokale Auslieferung für entsprechende Kaufabwicklungen begegnet werden.

Lässt sich daraus ableiten, dass jeder lokal-stationäre Einzelhändler einen Onlineshop benötigt?

Andreas Hesse: Nein, vielfach stehen hier Aufwände nicht im Verhältnis zu kommerziellen Potenzialen, auch aufgrund der Marktkonzentration im Online-Handel. Was jeder lokal-stationäre Einzelhändler braucht ist eine EDV, die das komplette Sortiment digital erfasst. Ob Produkt oder Dienstleistung, eine Beschreibung, ein Foto, der Status – eine möglichst lückenlose Digitalisierung sollte so schnell wie möglich und wirtschaftlich sinnvoll von jedem Einzelhändler erreicht werden. Erst darauf aufbauend lassen sich Händlerplattformen, Branchenplattformen, Omnichannel-Services und soziale Netzwerke kommerziell erfolgversprechend nutzen.


Über uns:
Die Initiative für Gewerbevielfalt setzt sich für den lokalen Einzelhandel und inhabergeführte Kleingewerbe in Deutschlands Städten und Gemeinden ein.
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